Projektkommission Globalisierungs- und De-Globalisierungsprozesse im östlichen Europa (19.-21. Jh.)

Ziele und Aufgaben der Projektkommission

Die Projektkommission zielt auf die Schaffung eines interdisziplinären Netzwerkes zur Beschäftigung mit Globalisierungsprozessen im östlichen Europa seit dem 19. Jahrhundert. Der Fokus liegt einerseits auf der Auseinandersetzung mit konkreten Akteuren und Räumen von Globalisierung sowie deren lokal spezifischen Manifestationen; andererseits werden unterschiedlich geartete Widerstände gegen Globalisierung in den Blick genommen, für die Ein- und Abgrenzung als Schlagworte stehen.

Da die Beschäftigung mit der Geschichte der Globalisierung bislang oft auf einer abstrakt-theoretischen Ebene verharrt und nur selten ihre phänomenologischen Ausprägungen sowie damit verbundene Ambivalenzen in den Blick nimmt, wird das Ziel der Projektkommission darin bestehen, Diskussionen konzeptioneller Fragen zu verbinden mit laufenden (und bereits in Planung befindlichen) empirischen Arbeiten. Anhand konkreter Forschungsvorhaben werden die Mitglieder der Kommission gemeinsame Fragestellungen und Achsen des Vergleiches entwickeln. Unter Beachtung von Anschlussfähigkeiten in den Geistes- und Sozialwissenschaften geht es schwerpunkmäßig um die Frage, wie kombinierte Forschungen zur Geschichte regionaler politischer Institutionen und überregionaler Verräumlichungen sozialer Prozesse produktive Zugriffe auf die Analyse von Globalisierungsphänomenen ermöglichen.

Anknüpfen kann die Projektkommission an Forschungs- und Publikationsaktivitäten am Institut für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS), Regensburg, und am Geisteswissenschaftliches Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas (GWZO), Leipzig. Am IOS stellt „Austausch“ einen von vier Forschungsschwerpunkten dar. Dabei forscht das Institut aus historischer sowie wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive zu Migration und Handel. Bei beiden Schwerpunktthemen gilt besondere Aufmerksamkeit den globalen Dimensionen von Austauschprozessen in ihren Beziehungen zu Interaktionen geringerer geografischer Reichweite; so werden Überseeemigration und deren lokalen Rückwirkungen auf und in Südosteuropa ebenso erforscht wie globale Produktionsketten. Am GWZO bilden Untersuchungen zur „Transnationalisierung“ Ostmitteleuropas einen Schwerpunkt in der Zeitgeschichtsforschung. Dafür wurden mit (1) den multiplen Grenzdynamiken und Territorialisierungsregimen, (2) der Einbindung in die Weltwirtschaft; (3) der kulturellen Repräsentation der Welt und in der Welt; (4) den Migrationsregimen und (5) den Internationalen Organisation fünf Schlüsseldimensionen entwickelt und erfolgreich bei der Untersuchung einer transnationale Geschichte der Region seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts angewandt.

Den Kern der Projektkommission wird die enge Kooperation zwischen GWZO und IOS bilden, wodurch eine auf längere Dauer angelegte solide institutionelle Basis gesichert ist, da beide Forschungseinrichtungen einerseits Überschneidungen in den thematischen Interessen haben, andererseits in ihrem regionalen sowie methodischen Zuschnitt weitgehend komplementär sind. Zudem können vor Ort interdisziplinär ausgerichtete Forschungsverbünde wie der Leipziger SFB 1199 „Verräumlichungsprozesse unter Globalisierungsbedingungen“ und den Regensburger Themenverbund „Ost-West-Transfers“ produktiv genutzt werden. Um diesen Nukleus herum, wird die Projektkommission beginnen, der die Einbindung mehrerer Mitglieder des HFR von Anfang an sicherstellt, wird sich die Projektkommission unter Hinzuziehung weiterer Mitglieder des Forschungsrates sowie einschlägige Wissenschaftler erweitern.

Im Rahmen der Projektkommission sind zwei Workshops geplant, die das Themenfeld der Projektkommission explorieren. Workshop I findet im Dezember 2016 in Regensburg statt, Workshop II im Juni 2018 im Rahmen der Internationalen Sommerschule der Research Academy Leipzig. Der Regensburger Workshop unter dem Titel „The Slavic World Goes Global“ thematisiert aus historischer und kulturwissenschaftlicher Perspektive Arenen und Praktiken der Globalisierung. Dazu wird es drei Sektionen geben: Migrationen, Hafenstädte und Translationsprozesse. Der Fokus auf die slawischen Kulturen ergibt sich zum einen aus der engen Kooperation mit der „Commission Internationale des Études Historiques Slaves” (CIEHS), die auf dem Weltkongress der historischen Wissenschaften in Jinan (China) 2015 mit dem Thema „Portals of Globalization to the Slavic World“ (Konzept wurde von den Antragstellern entwickelt) begonnen hat. Zum anderen wird der gewählte Fokus des Workshops es ermöglichen, das Spannungsverhältnis zwischen regionalen kulturpolitischen (Identitäts-)Projekten und den divergenten Konsequenzen von Globalisierung konzentriert in den Blick zu nehmen. Der Leipziger Workshop zielt unter Einbindung von Doktoranden und PostDocs von auf einen Brückenschlag zwischen Geschichts- und Sozialwissenschaften, insbesondere um der Frage nach zu gehen, welche qualitativ neuen Aspekte der Globalisierung sich heute im Vergleich zum 19. und 20. Jahrhundert beobachten lassen, welche Institutionen, Raumformate und Raumordnungen damit verbunden waren und sind. In der Zwischenzeit werden die Antragsteller und weitere HFR-Mitglieder mit thematisch einschlägigen Panels auf dem 5. Europäischen Kongress für Welt- und Globalgeschichte (ENIUGH, Budapest, September 2017) verstreten sein und für die ASEEES-Jahrestagung (November 2017) ein Panel zum Oberthema der Projektkommission beantragen.